Im Gespräch: Der Sportsoziologe Karl Heinrich Bette über die Rolle von Publikum und Medien beim Sportbetrug...
....FAZ: Was bewirken die Massenmedien?
Der Spitzensport besitzt Dramaqualität. Er leistet etwas, was in die Massenmedien besonders gut hineinpasst. Er ist konfliktträchtig, er produziert permanente Neuigkeiten, das Geschehen lässt sich moralisieren und personalisieren. Vor allem können Zuschauer das, was sie in einem sportlichen Wettkampf sehen, schnell und einfach verstehen und nachvollziehen - ganz im Gegenteil zu politischen und wirtschaftlichen Ereignissen. Aus dem engen Verhältnis von Massenmedien und Spitzensport hat sich aber inzwischen eine Nähe ergeben, die nicht unproblematisch ist.
Viele Journalisten haben ihre professionelle Distanz verloren, sie hüpfen sozusagen dem organisierten Sport auf den Schoß und geraten in die Gefahr, das sie das, was sie leisten sollten, nämlich sachlich und seriös über den Sport zu berichten, nicht mehr leisten können und wollen. Dies erzeugt in ihrer eigenen Profession hohe Opportunitäts-Kosten: Journalisten stehen in der Gefahr, zu reinen Hofberichterstattern zu werden. Wenn Doping im Spitzensport passiert, kann sich diese Nähe sehr fatal auswirken. Dann wird relativiert und unter den Teppich gekehrt, und das Thema wird nicht so behandelt, wie es sollte. Bis heute gibt es keine Fernsehsendung über die subtilen Verstrickungen des Fernsehens in die Doping-Thematik.
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FAZ, Donnerstag, 3. Juli 2008, Nr 153
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