Montag, 17. Dezember 2007

Unicef-Foto des Jahres - Kinderbräute


Er ist vierzig, sie ist elf. Und sie sind ein Paar - der Afghane Mohammed F.* und das Kind Ghulam H.*. „Wir brauchten das Geld“, sagen die Eltern von Ghulam. Faiz behauptet, er wolle sie zur Schule schicken. Doch die Frauen im Dorf Damarda in der Provinz Ghor wissen es besser: „Unsere Männer wollen keine gebildeten Frauen.“ Sie prophezeien, dass Ghulam nach der Verlobung (im Jahre 2006) in wenigen Wochen verheiratet sein wird, um Nachwuchs für Faiz zu bekommen.
Während ihres Aufenthaltes in Afghanistan fiel der amerikanischen Fotografin Stephanie Sinclair immer wieder auf, wie viele junge Mädchen mit wesentlich älteren Männern verheiratet waren. Sie beschloss, mit Bildern auf das Thema aufmerksam zu machen, zumal das offizielle Mindestalter für Bräute in Afghanistan sechzehn ist und Kinderhochzeiten daher illegal sind.
Nach Schätzungen von UNICEF heiratet rund die Hälfte der afghanischen Frauen, bevor sie 18 Jahre alt sind. Kinderheiraten gib es aber nicht nur in Afghanistan.
Nach Untersuchungen von UNICEF wurden weltweit mehr als 60 Millionen Frauen, die heute zwischen 20 und 24 Jahren alt sind, verheiratet bevor sie volljährig wurden. Besonders häufig sind Kinderheiraten in afrikanischen Staaten südlich der Sahara und in Südasien. Im Niger wurden 77 Prozent der Frauen bereits als Minderjährige verheiratet. In Südasien leben rund 21,3 Millionen Frauen, die als Kind oder als Jugendliche verheiratet wurden.
Im indischen Bundesstaat Rajasthan sind 15 Prozent aller Ehefrauen bei ihrer Hochzeit sogar nicht einmal 10 Jahre alt. Kinderheiraten sind eine Reaktion auf extreme Armut, sie finden vor allem in Regionen Asiens und Afrikas statt, in denen notleidende Familien in Töchtern eine Last und Menschen zweiter Klasse sehen. Schon in jungen Jahren werden Mädchen in die „Obhut“ eines Ehemanns gegeben, eine Tradition, die in den meisten Fällen zur Ausbeutung führt. Viele Mädchen werden Opfer häuslicher Gewalt. So gaben bei einer Studie in Ägypten rund ein Drittel der befragten Kinderbräute an, von ihren Ehemännern geschlagen zu werden. Die kindlichen Bräute stehen unter Druck, möglichst bald ihre Fruchtbarkeit unter Beweis zu stellen. Dabei ist die Risiko für ein Mädchen zwischen zehn und 14 Jahren, eine Schwangerschaft nicht zu überleben, fünf mal größer als für eine erwachsene Frau. Jährlich sterben rund 150 000 schwangere Teenagerinnen an Komplikationen - vor allem, weil es keine medizinische Versorgung gibt, geschweige denn Aufklärung.
Sinclair fuhr für ihr Projekt auch nach Nepal und Äthiopien. Sie möchte das Thema Kinderheirat in weiteren Regionen recherchieren und ein Buch dazu herausbringen.
Foto: Stephanie Sinclair, USA, Freie Fotografin

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