Samstag, 21. Juni 2008

...Wie der deutsche Fußball von seinem Herrscher und vom FC Bayern München zerstört wurde

...Für den Niedergang des deutschen Fußballs gibt es noch einen zweiten Grund: die zerstörerische Rolle des FC Bayern München. Mitte der Siebziger errang Bayern die Vorherrschaft, zusammen mit einer Mannschaft namens Borussia Mönchengladbach, einer Elf, die unendlich attraktiver und verwegener war. Der FC Bayern setzte sich aufgrund seines wirtschaftlichen Potentials und seiner Titel durch. Dreimal hintereinander gewannen die Bayern in den Siebzigern den Europapokal der Landesmeiser. Nie war es verdient. Dass der FC Bayern eine dominierende Rolle erlangte, ist nicht per se schlecht. Das Problem ist, dass der FC Baern in Deutschland kaum Wettbewerb zulässt. Wenn möglich, eliminiert er den Wettbewerb. Die vergangenen 15 Jahre sind mit Beispielen getrüffelt. Immer, wenn die Bayern sich in Gefahr sahen, holten sie die besten Spieler ihrer Rivalen und warfen sie sofort in eine Periode des Neuaufbaus.
Doch die Aufgabe eines großen Clubs ist es nicht, Wettbewerb zu eliminieren, sondern, ihn zu fördern. In Spanien steht die Autorität von Real Madrid und des FC Barcelona außerhalb jeder Diskussion. Aber sechs Stammspieler von Barca sind Eigengewächse: Valdés, Puyol, Xavi, Iniesta, Messi und Bojan. Mehr als 50 Spieler der spanischen Liga kommen aus dem Nachwuchs von Real. Kann Bayern dasselbe von sich behaupten? Nein. In den vergangenen zehn Jahren hat der FC Bayern nur einen genießbaren Spieler produziert: Schweinsteiger, auch er nicht von einem anderen Stern. Dem Club fiel es leichter, das Talent des deutschen Fußballs auszudünnen.
Deutschland spürt nun die Effekte von Maßnahmen, die vor langer Zeit ergriffen wurden. Nun will die Nationalelf die Anerkennung der europäischen Fans erlangen. Das ist nicht einfach. Sie mag die EM sogar gewinnen, doch es fehlen ihr Spieler, die mit den Großen der Welt verschmolzen werden könnten - mit den Großen ihrer eigenen Vergangenheit.

von
Santiago Segurola, führender Fußball-Journalist Spaniens.
Er ist der Chefkommentator von Marca, der größten Sportzeitung des Landes

Süddeutsche Zeitung Nr 141 Donnerstag, 19. Juni 2008, Seite 2 : Außenansicht - Beckenbauer, Matthäus, Jancker...

NB: Wenn ein deutscher Sportjournalist wagen würde, das zu schreiben, würde er sofort in der Versenkung landen...

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