Am 28. April 1958 begann in Ulm der erste große Prozess vor einem deutschen Schwurgericht, der den Massenmord an Juden bekannt machte. Angeklagt waren zehn Angehörige des "Einsatzkommandos Tilsit", einem mobilen Mordkommando von SS, Gestapo und Sicherheitsdienst, das 1941 an Massenerschießungen in Litauen beteiligt war. Der Prozess offenbarte, dass viele Täter noch unbehelligt mitten in der Gesellschaft lebten. Nach 60 Verhandlungstagen wurden alle zehn Angeklagten zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Außerdem verloren sie zeitweilig ihre bürgerlichen Ehrenrechte, wie zum Beispiel das Wahlrecht.
Der Ulmer Einsatzgruppen-Prozess war eine Zäsur im Umgang mit dem Nationalsozialismus und prägte ein neues Selbstverständnis der jungen Bundesrepublik. Nach Jahren des Verschweigens und der Verdrängungspolitik wurden die NS-Verbrechen wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Die Medien berichteten ausführlich, das Interesse der Öffentlichkeit war groß. Der "Staatsanwalt Zufall" wurde abgelöst durch eine systematische strafrechtliche Verfolgung der NS-Täter. Die Gründung der Ludwigsburger Zentralstelle, der Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1963 und andere große Gerichtsverfahren gegen NS-Verbrecher waren die Folge.
Eine Ausstellung des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Haus der Stadtgeschichte - Stadtarchiv Ulm und dem Stadthaus Ulm
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