Die spannendste Frage hat sich die Moderation für den Schluss zurechtgelegt: Welch phantastische Zeiten er doch im Marathonlauf hinlege, schmeichelt Maybrit Illner ihrem in vornehmes schwarzes Tuch gekleideten Gesprächspartner zur Rechten, er müsse wohl kenianische Wurzeln haben. Ehe das Gelächter der in der bis auf den letzten Platz besetzten Halle verstummt, setzt die Frau in Weiß nach: "Wie lange reicht Ihr politischer Atem?"
Bundespräsident Köhler lässt sich nicht lange bitten. In das Raunen der mehr als 1200 Zuhörer sagt er lachend: "Ich halt mich fit." Der rhythmische Beifall, den die Besucher der Hauptveranstaltung des 97. Deutschen Katholikentags am Samstagnachmittag dem Staatsoberhaupt spenden, gilt nicht nur dem Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Er gilt auch einem Mann, der die Veranstaltung mit dem irrlichternden Titel "Damit die Zukunft demokratisch bleibt" zu einer Sternstunde nicht nur des Katholikentages, sondern der christlichen Ethik hatte werden lassen.
...Demokratie sei keine Glücksversicherung, so zitiert Köhler den ersten deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss. Sie beruhe vielmehr auf Arbeit, Anstrengung, und Anpassung. "Ich möchte niemandem das Gefühl geben, in der Demokratie gehe es ohne Anstrengung", sagt das Staatsoberhaupt, um sogleich hinterherzuschicken, dass es ohne Hilfe bei der Bewältigung der Veränderungen auch nicht gehe. Doch die sieht der Bundespräsident nicht in immer mehr staatlichen Transferzahlungen, sondern in besserer Bildung und Erziehung. Nicht materieller Fortschritt sei das Ziel der Demokratie, sondern die Selbstverwirklichung des Menschen als eines sittlichen Wesens.
...Bleiben die Monster, von denen Köhler jüngst gesprochen hat. Die Formulierung möchte er nicht zurücknehmen, auch weil er auf die Frage der Moderatorin ein Rezept weiß, wie man ihnen beikommen kann: "Mit Gottvertrauen", sagt Köhler lachend, und der Saal lacht zurück. Aber das war nur der erste Teil der Antwort. Der zweite Teil lautet: "Und mit Sachkunde." Beides scheint dem ersten Mann an der Spitze des Staates gegeben zu sein.
Von Daniel Deckers
Frankfurter Allgemeine Zeitung 26. Mai 2008, Nr 120, Seite 6 |
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