Am 2. September 1923 jubelten Wiens Fußball-Fans: Mit 5:0 besiegte der jüdische Fußballklub „Hakoah“ die europäische Spitzenmannschaft „West Ham United“ aus England. 1924/25 errang die „Hakoah-Mannschaft die österreichische Fußballmeisterschaft und ging als erste österreichische Mannschaft 1926 auf eine USA-Tournee. Die „Hakoah“ (hebräisch: Kraft) wurde 1909 als allgemeiner Sportverein gegründet und umfasste fast alle wichtigen Sportarten wie Fußball, Schwimmen, Tennis, Ringen, Wasserball, Handball, Schach, Leichathletik, Schi und Touristik. Aus ihren Reihen gingen zahlreiche österreichische Spitzensportler hervor: Bei den Europameisterschaften 1928 platzierten sich die Schwimmerinnen Hedy Bienenfeld-Wertheimer und Idy Kohn in den Medaillenrängen, der Ringer Micki Hirschl gewann bei den Olympischen Spielen 1932 zwei Bronze-Medaillen. Die Tennis-Sektion verzeichnete insbesondere 1926 zahlreiche internationale Turniersiege, Willi Ehrenreich wurde zum Tennispartner von Schwedens König Georg. Der Leichtathlet Arpad Blödy gewann 14 österreichische Titel im Lang- und Kurzstreckenlauf.
Der „Schlachtruf" des Vereins lautete „Hoppauf Hakoah“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhob sich basierend auf Max Nordaus Diktum vom „Muskeljudentum" innerhalb der zionistischen Bewegung die Forderung nach sportlicher Ertüchtigung, um ein neues körperliches Selbstbewusstsein zu gewinnen, aber auch um den Antisemitismus abzuwehren. Durch so genannte „Arierparagraphen“ wurden Juden zunehmend aus deutschen Turnvereinen ausgeschlossen. Insbesondere in Mitteleuropa entstanden im Gegenzug zahlreiche jüdische Sportklubs. Ihre Bedeutung brachte der in seiner Jugend aktive Hakoah-Sportler Friedrich Torberg auf den Punkt: Die Hakoah habe den anderen beigebracht, „Herr Jud“ zu sagen.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die „Hakoah“ 1939 aufgelöst, das Vereinsvermögen beschlagnahmt und ihr Sportplatz im Prater unweit der Krieau arisiert. Etliche ihrer Mitglieder wie der Fußballfan und Librettist Fritz Löhner-Beda wurden Opfer der Schoa, er war von 1909 bis 1914 der erste Präsident der „Hakoah“. Nach dem Krieg war die „Hakoah“ einer der ersten jüdischen Vereine, der sich am 10. Juni 1945 neu konstituierte und bis heute eine wichtige Rolle im Gemeindeleben spielt. Obwohl die Hakoah nicht annähernd so viele Mitglieder wie in der Zwischenkriegszeit hat, gilt sie nach wie vor als Kaderschmiede für Spitzensportler, die bereits einige österreichische Staatsmeister hervorgebracht hat.Im Zuge eines Restitutionsverfahrens erhielt die „Hakoah“ für den arisierten Sportplatz vor einigen Jahren ein Ersatz-Gelände unweit des Ernst Happel-Stadions. Derzeit entsteht dort ein neues Freizeit- und Sportzentrum, das im März 2008 eröffnet wird. In unmittelbarer Nachbarschaft entstehen auch die Neubauten der Zwi Perez Chajes-Schule und des Maimonides-Zentrums.
Die Ausstellung im Jüdischen Museum Wien lässt die große Zeit des jüdischen Sports wieder erstehen, die Exponate kommen aus dem eigenen Bestand, von der „Hakoah“, aus Privatsammlungen und aus dem Pierre Gildesgame Maccabi Sports Museum in Israel. Sie wird im Museum des Hakoah-Sportzentrums zum 100-jährigen Jubiläum ab 2009 in adaptierter Form weiter bestehen.Parallel zur Ausstellung erscheint ein von Ignaz Hermann Körner, dem langjährigen Vereinspräsidenten der „Hakoah“, nach der Flucht aus Wien in Israel verfasstes „Lexikon des jüdischen Sports in Wien“ als „Wiener Jahrbuch für jüdische Geschichte, Kultur und Museumswesen“, Band 9, herausgegeben vom Jüdischen Museum Wien im Mandelbaum Verlag.
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