Freitag, 5. Februar 2010

Brav rein, brav raus...

...Afghanistan müsste man erfinden: Das Land, das nie kolonisiert wurde, ist seit Jahrhunderten Projektionsfläche für okzidentale Verbesserungsphantasien und saisonal wechselnde Strategiespiele. "Friedhof der Supermächte" wird das Land schön reißerisch genannt. Dabei haben die Supermächte, in denen es sich nach wie vor ganz gut lebt, vor allem Afghanen auf Friedhöfe geschickt. Strategiewechsel des Monats ist nun unser Vertrauen in sogenannte "gemäßigte Taliban", von denen noch nie einer gesichtet wurde, das Wesen der Taliban ist ja ihre Unnachgiebigkeit. Die haben auch jede Mäßigung dementiert. Ebenso gut könnte unsere Hoffnung auf dem Regierungsantritt des Yeti ruhen. Zweite Idee ist der Aussteigerfonds. Aber wenn Taliban an Geld interessiert wären, würden sie Drogen verkaufen wie all unsere Verbündeten dort, insbesondere die Familie von Präsident Karzai. Abzug der Ausländer und islamisches Recht, das sind heute wie vor acht Jahren die Forderungen der Taliban. Die nun allenthalben empfohlene Versöhnung wäre also damals schon möglich gewesen, bloß dass sie damals am Boden waren und nicht ballernd durch Kabul spazieren konnten.

Angst haben kann man vor Pakistan und dem weltweit größten Sponsor von islamischem Terrorismus, Iran. Aber das sind keine wüsten Drittweltländer, da blühen die Geschäfte deutscher Firmen, und die haben auch echte Waffen. Weniger heikel ist es, Laptops zu jagen, in denen kein Sprengstoff ist, und globalisierte Dschihadisten, wo sie nicht sind. Hauptsache, wir sind brav dabei.

Nils Minkmar

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 31.01.2010, Nr. 4 / Seite 17

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