Widerspruch: Dann eben ohne (DIE ZEIT Nr 2 7. Januar 2010 Seite 10)
Alice Bota wirft Erika Steinbach vor, zuviel zu fordern, denn die Erinnerung an die Vertreibung gehöre nicht den Vertriebenen allein. Heute sei diese Erinnerung immer noch, aber längst nicht mehr allein Sache der Vertriebenen; sie sei Teil des kulturellen Gedächtnissen geworden, für das die ganze Gesellschaft Verantwortung trage.
Die ganze Gesellschaft? Wie sieht die Realität aus? Gegen wie viel politischen Widerstand wurde denn die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ vorangebracht? Ist es nicht ein wesentliches Verdienst gerade von Erika Steinbach, dass diese Stiftung Gestalt annimmt?
Als Sohn eines Schlesiers und einer südmährischen Mutter habe ich vielleicht eine gefärbte Sichtweise, aber wie schwer es für meine Eltern war, nach der Vertreibung in einem fränkischen Dorf sich wieder ein Leben aufzubauen, wird mir unvergessen bleiben(Stichwort „Kalte Heimat“) . Dass diese Erfahrung (aller Vertriebenen) Teil des kulturellen Gedächtnisses unserer ganzen Gesellschaft geworden sein soll, geht an den Realitäten völlig vorbei. Es sind die Vertriebenen und deren Kinder und Kindeskinder, die diese Erfahrung in ihrem Herzen tragen.Und wer könnte nicht gerade besonders für Versöhnung eintreten, als diese nachgeborene Generation der Vertriebenen? (Mein Sohn hat in Posznan studiert, spricht polnisch und hat eine polnische Lebenspartnerin).
Also dann eben ohne die Vertriebenen, wenn die Kontroverse um Erika Steinbach nicht lösbar ist? Es wäre nach Alice Bota kein Desaster. Ich meine gerade das Gegenteil!
Ich mag die Hoffnung nicht aufgeben, dass es in einer vergifteten politischen Atmosphäre (Stichwort „blonde Bestie“) doch noch ein Weg zu einem wirklichen Dialog gefunden wird.
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