Samstag, 21. März 2009

Nauroz - das afghanische Neujahrsfest

Das Neujahrfest, Nauroz (neuer Tag), gehört zu den traditionell aussergewöhnlichen Festen des Landes, das trotz seiner Höhen und Tiefpunkte im Laufe der Geschichte immer noch eines der kulturellen Fundamente in Afghanistan bildet.
Der Tag fällt stets am 1. Hamal (arabisch) bzw. Farwardin (Dari), entsprechend dem 1. Widder- Sternzeichen jedes Jahres. Dieser Tag bedeutet in Afghanistan nicht nur einen kalendarischen Tag der Erdumdrehung, sondern auch eine historisch-kulturelle Überlieferung, um die Schöpfung, die Natur und die sozialen Werte der Gesellschaft zu würdigen. Diese Tradition ist tief in der Gesellschaft verwurzelt, so dass sie in der Poesie, Literatur, Kunst, Folklore, in gesellschaftlichen und familiären Sitten und Gebräuchen versinnbildlicht ist.Zwar sprechen die wissenschaftlichen Forschungen über die Anfänge dieser Tradition und über die Modalitäten des Neujahrfestes von Überlieferungen und nicht von Fakten, es wird jedoch mit hoher Sicherheit davon ausgegangen, dass das Fest auf die Zeiten der indo-arianischen Völkerwanderung zurückblicken kann. Traditionell wird Nauroz in Zusammenhang mit Yama Padscha (Yamsched), mit der Krönung des mythischen „Sonnenkönigs“ in Baktra (Balch) gebracht.Auch in den Werken der großen Denker und Dichter wie Abu Raihan Beroni, Tabari (berühmt als Geschichte von Tabari) und Ferdaussi spiegelt sich diese Überlieferung wider.
Die Gebräuche des Nauroz-Festes in Afghanistan gehen mindestens auf eine 3000jährige Geschichte zurück, die bis zur Islamisierung insbesondere von den Anhängern des Zoroastrismus ausgeübt worden sein soll.Wie auch immer sein historischer Kontext war, heute kann sich keine bestimmte Religion und gesellschaftliche Gruppierung allein darauf beziehen. Selbst die islamische Religion, die weitere religiöse Feste mit sich brachte, hat das Fest nicht verhindert, im Gegenteil hat die islamische Religion dem Fest eine größere Bedeutung und Bereicherung verliehen.Das Hissen von „Jenda“ (Fahne) zu Ehren des vierten Kalifen und Schwiegersohns des islamischen Propheten in der historischen Stadt Mazar e Schrif (Balch) ist eines der Highlights dieses Festes.
Es gilt auch als Auftakt für Veranstaltungen und Picknick im Freien der Bevölkerung, die vierzig Tage die Möglichkeit haben, das „Tulpenfest“ zu begehen.Zu diesem Fest kommen Menschen aus allen Teilen des Landes nach Mazar e Scharif, in der Provinz von Balch. In anderen nördlichen Provinzen des Landes veranstalten die Menschen verschiedene Spiele, unter anderem Buzkaschi (Reiterspiel). In weiteren Städten und Provinzen von Afghanistan begehen die Menschen entsprechend ihrer Gebräuche und Sitten das Fest feierlich. Sie ziehen sich neue Kleider an, richten die Speisetafeln mit Süßigkeiten und Spezialitäten her und besuchen die älteren Verwandten, von denen sie Geschenke erhalten.Die Menschen fahren ins Grüne. In den Wiesen und Hängen des Landes finden diverse Spiele und Wettkämpfe wie Spiele mit bunten Eiern, Ringen, Tierkämpfe usw. statt.
Atane Melli (Nationaltanz), Liedersingen, Musik, Kinderspiele und Kinderkarussells kommen nicht zu kurz.Ca. zwei bis drei Tage vor dem Nauroz wird das Neujahrsgetränk „Haft Mewa“ (Sieben Früchte-Cocktail), bestehend aus Backobst und Nüssen sowie Rosinen, Walnüssen, getrockneten Aprikosen, Pistazien, Mandeln, Maulbeeren, vorbereitet. Die bereits geschälten Nüsse und das Backobst werden in kochendes Wasser gegeben und in einer Schale mindestens eine Nacht lang gekühlt. Am besagten Tag wird den Besuchern davon angeboten.„Haft Sin“, Früchte und Gegenstände mit „S“ als Anfangsbuchstabe, werden auf einer Tafel dekoriert. Diese Tradition ist im Iran die Regel und in Afghanistan die Ausnahme.Ca. 14 Tage zuvor werden Samanak (Keimlinge) angesetzt. Am Vorabend des Naurozfestes bringen die Mädchen das gepresste Grünzeug, das als Symbol der Prosperität und Segen verstanden wird, im offenen Feuer zum Kochen und rühren diese die ganze Nacht hindurch in einem großen Topf. Dabei singen sie Nauroz-Lieder und spielen Taburin. Am Morgen wird der süße Brei zum Frühstück als Hoffnung auf Erfüllen von Wünschen serviert.
Eine der interessanten Sitten beim Nauroz-Fest in Afghanistan ist das Naurozi e Aaross (Beschenken der Verlobten). Die Familie des Bräutigams lässt durch ihre eigenen Kinder der Braut ein Geschenk mit gebratenen Fischen und „Jellabi“ (in Zuckersaft eingelegte Brezen) bringen. Als Gegenleistung wird den Überbringern „Seka“ (Münze) und „Schirini“ (Süßigkeiten) von der Brautfamilie überreicht und auf eines der ebenfalls mit Gebäck gefüllten Tabletts wird ein Geschenk für den Bräutigam gelegt und zurückgeschickt.

Quelle: BBC

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