Seit Monaten wirbt die Hessische Krankenhausgesellschaft (HKG) für eine faire Krankenhausfinanzierung. Dr. Hans-Joachim Conrad, kaufmännischer Direkter der Uni-Klinik, unterstützt die Kampagne. Im Interview sagt er warum.
Dr. Conrad, die Hessische Krankenhausgesellschaft kämpft vehement für eine faire Krankenhausfinanzierung. Erklären Sie uns, um was es genau geht?
Wie jedes Unternehmen werden auch Krankenhäuser regelmäßig mit Kostensteigerungen aufgrund tariflicher Lohnsteigerungen und Rohstoffkostenanstieg konfrontiert. In Abhängigkeit vom Wettbewerb müssen Unternehmen dies in ihren Preisforderungen weitergeben, es sei denn, es bestehen Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, etwa durch stärkere Automatisierung der Produktion.
Ähnliches schwebt dem Gesetzgeber wohl auch vor – deshalb werden die Möglichkeiten zur Einnahmensteigerung in Krankenhäusern seit über zehn Jahren gedeckelt. Nach dieser Zeit bestehen aber kaum weitere Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung in deutschen Krankenhäusern. Im Dienstleistungsbereich sind Automatisierungsmöglichkeiten selten. Faire Finanzierung heißt, dies zu akzeptieren und die Refinanzierung von Kostensteigerungen zuzulassen.
Die Finanzpolitik im Gesundheitswesen ist für viele Menschen schwer zu verstehen. Warum sind denn die Einnahmensteigerungen vom Gesetzgeber überhaupt begrenzt?
In Deutschland werden die Ausgaben der sozialen Sicherung und damit auch rund 85 Prozent der Einnahmen der Krankenhäuser durch die gesetzliche Sozial- und Krankenversicherung über Beiträge aufgebracht, dazu tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in nahezu gleichen Teilen bei. Dies geht in die Kostenkalkulation der Produkte ein. Je höher die Beiträge, umso schwieriger sind deutsche Produkte auf dem Weltmarkt zu verkaufen, so die Vermutung des Gesetzgebers. Daher die Begrenzung der Einnahmen, also die Budgetdeckelung.
Die Aktion „Faire Finanzierung“ ist auf breite Zustimmung gestoßen, 20.000 Unterschriften sind ein deutlicher Appell an den Bundesgesundheitsminister. Was fordern Sie konkret von ihm?
Das was ich oben schon sagte – das Einsehen, dass Effizienzreserven in Krankenhäusern ausgeschöpft und nunmehr Kostensteigerungen zur Gänze zu finanzieren sind. Das wird beim Strom oder der Deutschen Bahn als Selbstverständlichkeit angesehen – Warum nicht in Krankenhäusern? Auch sie sind Unternehmen der Daseinsvorsorge.
Dazu kommt, dass der Staat seiner gesetzlichen Verpflichtung, die notwendigen Investitionen der Krankenhäuser zu finanzieren, immer weniger nachkommt. Krankenhäuser haben also zunehmend weitere Lasten zu tragen, denn ohne Investition kein medizinischer Fortschritt und keine Patientenversorgung – das kann und will niemand hinnehmen.
Wie muss Ihrer Meinung nach eine langfristig stabile Krankenhausfinanzierung aussehen?
Ich mache mir große Sorgen, da 56 Prozent der deutschen Krankenhäuser für 2012 ein Defizit erwarten. Das zeigt eine VKD-Umfrage aus dem Frühjahr 2012. Das wird den Arbeitsdruck auf die Krankenhausbeschäftigten weiter erhöhen und die Gewinnung qualifizierter Nachwuchskräfte erschweren. Die Bundesregierung spielt hier mit dem Feuer. Darauf haben die Krankenhausverantwortlichen oft hingewiesen – bisher leider ohne Erfolg. Es ist allerhöchste Zeit, die Vergütung der Krankenhausleistungen an der Kostenentwicklung zu orientieren und die notwendige Investitionsfähigkeit zu gewährleisten.
Was halten Sie von der Behauptung der Krankenkassen, es würden in den Krankenhäusern zu viele und nicht notwendige Leistungen erbracht?
Das glaube ich nicht; eine Behandlung ohne Notwendigkeit wäre Körperverletzung. Und wenn es da Graubereiche geben sollte, dann sind sie vom Vergütungssystem provoziert. Es ist also höchste Zeit, eventuelle falsche Anreize zur Leistungsausweitung durch den Gesetzgeber zu korrigieren. Mit anderen Worten, Kostensteigerungen müssen voll finanziert werden.
UNI-Klinik aktuell 2/12 Seite 13
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