Ach ja, wir sterben, wo wir gehn und stehn.
Hast du nicht selbst gesagt, dass es so sei?
Man wünscht, dass sollte besser nicht geschehn,
Und doch gehört es hier zum Vielerlei.
Zum Vielerlei gehört hier mehr als Sterben.
Soviel ist klar und wird vorausgesetzt.
Doch bleibt, nach allem Abzug vom Verderben,
Zumindest diese Einsicht bis zuletzt.
Die Einsicht bleibt, dass wo wir gehn und stehn,
Gestorben wird, und es hilft kein Geschrei.
Die Gegenwart ist alles was wir sehn,
Vergangenheit ein Staubfleck in der Mongolei.
Ein Staubfleck dort so gut wie hier, an jedem Ort,
Wo noch geboren wird und wo man sterbend geht.
Es braucht sie nicht, den Unfall und den Mord,
Um zu beweisen, was sich von allein versteht.
Denn von allein versteht sich, dass wir sterben,
Das ganze Leben lang, im Schlaf und nebenbei,
An einer Sache, die wir mit dem Körper erben.
Hast du nicht selbst gesagt, dass es so sei?
Durs Grünbein
Frankfurter Anthologie
FAZ 23. Oktober 2010 Nr 247 Z6
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