Sonntag, 7. Dezember 2008

Von der Gerechtigkeit ...

Wolfgang Marx schreibt heute inder FAS...

...Trefflicher als die Rede von den Heuschrecken wäre die von Parasiten, die Rede von Wanzen beispielsweise. Die befallen im Schutze der Dunkelheit den schlafenden Körper und verschwinden wieder in ihre Ritzen, wenn der Morgen graut...
...Wenn man bedenkt, dass die Volkswirtschaften des Westens in den letzten Jahren kaum über ein Wachstum von drei Prozent hinausgekommen sind, in manchen Jahren war es deutlich weniger, dann mutet es befremdlich an, wenn der Chef einer großen Bank ein Renditeziel von 20 bis 25 Prozent formuliert. Noch befremdlicher aber ist, dass diese Ankündigung in der Öffentlichkeit so gelassen hingenommen wurde, ja, dass es sogar vereinzelt Lob gab für so kühne Visionen. Haben die Menschen im Lande nicht begriffen, dass das eine Kampfansage an sie alle war? Denn das bedeutet, dass für alle anderen sehr viel weniger übrig bleiben kann, wenn die Banker ein so überproportionales Stück aus dem Kuchen für sich herausschneiden wollen. Der Sekundärsektor des Finzierens kann sich schließlich nur aus den Gewinnen des Primärsektors des Produzierens bedienen.
Wir kommen zum Thema Größenwahn. Man darf davon ausgehen, dass sich die Herren der Wall Street und der City of London keineswegs nur ironisch zu "Masters of the Univers" erklärt und das Wort "unmöglich" aus ihrem Wortschatz gestrichen haben. Das Verrückte daran ist, dass sie den Leuten das tatsächlich verkaufen konnten. Wenn ein Bauer verkündet, er habe vor, fortan von seinem Acker fünfmal pro Jahr zu ernten, wenn ein Ingenieur erzählt, er habe das Perpetuum mobile gebaut, dann faßt sich jeder nur mitleidig an den Kopf, wenn aber ein Banker ein Finanzprodukt anbietet, das vorgibt, genau das zu sein, sind alle begeistert.
...Alle reiben sich die Augen und räsonieren, wie es nur so weit hat kommen können, kehren die Scherben zusammen und fangen unverdrossen, unbelehrt und unbelehrbar wieder von vorne an - bis zur nächsten Blase.
..."Was will der Markt?"
Nicht alles, was mit einem Werkzeug gemacht werden kann, muß auch gemacht werden. Man beleidigt also nicht den Geist des Marktes, wenn man parasitäte Geschäfte unterbindet. Handel und Wandel könnten sehr gut auch ohne einen aufgeblähten Überbau spekulativer Windgeschäfte funktionieren.
Auch würde die Welt keineswegs aus den Fugen geraten, in Anarchie, Seuchen, Viehsterben und Naturkatstrophen versinken, wenn die quasifeudalen Privilegien der Topmanager beschnitten würden. Der Markt "verlangt" keine überrissenen Saläre! Und es ist kein Sakrileg, dergleichen in Frage zu stellen, gar generell zu diskutieren, was angemessen und fair sein könnte und wofür wir den Markt gebrauchen wollen...

Wolfgang Marx
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 7. Dezember 2008 Nr 49 Seite 15

PS: Ich übertrage diese "Marx'schen" Gedanken auf die Welt der "Herren des Balls" und komme zu dem Schluß, dass hier ein sehr großer Handlungsbedarf besteht und Fans endlich begreifen sollten, wie sehr sie an der Nase herumgeführt werden...

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