Der „gerechte Preis" ist eine fixe Idee der Wirtschaftsethik. Dasselbe gilt für Einkommen. Was ist ein angemessener Preis für geleistete Arbeit? Es gibt bis heute keine ökonomische Theorie der Lohnstruktur, die begründen könnte, weshalb die einen mehr, die anderen weniger verdienen. Arbeitsleid? Bildung? Unersetzbarkeit? Das alles kann nicht erklären, was Josef Ackermann oder Mick Jagger einstreichen. Und also meldet sich der Verdacht: Es gehe bei den Einkommen ungerecht zu.
Die Soziologen Thomas Hinz (Konstanz) und Stefan Liebig (Bielefeld) haben zusammen mit Mitarbeitern eine Studie zur Einkommensgerechtigkeit in Deutschland vorgelegt. Sie kommt zunächst zu den üblichen Ergebnissen: Die Einkommen sind stark ungleich, die Steuersätze mäßigen das, im Trend nimmt die Ungleichheit aber seit den neunziger Jahren trotzdem zu.
Befragt danach, ob sie die Einkommensverteilung gerecht finden, antworteten fast alle mit Nein. Außerdem erwarten die meisten, dass die Ungleichheit weiter steigen wird. Ein Drittel der Leute empfindet sein Einkommen als gerecht. Zu hoch findet fast niemand, was er erhält. Vor allem Arbeiter und Selbständige sehen sich ungerecht niedrig entlohnt. Ob es allerdings die Selbständigen vom Flohmarkt oder die Zahnärzte sind, die finden, ihnen stehe mehr zu, verrät die Studie nicht. Immerhin scheint klar, dass mit der Höhe des Einkommens das Gefühl wächst, es sei mit dem Einkommen alles in Ordnung. Beamte sind aber auch so vergleichsweise zufrieden.
Jürgen Kaube
FAS 11. Juli 2010 Nr 27 Wissenschaft 53
Thomas Hinz, Stefan Liebig ua: "Bericht zu Studie Einkommensgerechtigkeit in Deutschland", Universität Bielefeld und Konstanz, Mai 2010
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen