Samstag, 31. Januar 2015

Nerven blank

Wie gespannte Überlandleitungen,
während der Juli wie üblich
seine lange Abendlichtmesse las.
Einer von uns hatte eine Erscheinung,
doch bei näherem Hinsehen
war es nur eine Prozession
von drei Mähdreschern, saatengrün
leuchtend gegen die Dämmerung
mit dem Heiligenschein aus Strohstaub.
Hinter der nächsten Kurve plötzlich
die Schranke eines Bahnübergangs,
die herabfiel wie eine Filmklappe
und auf einmal eine ganz andere
Einstellung: Stille, in die sich
der nahende Güterzug mischte.
Im Vorüberrauschen sagte einer
leere Viehwaggons und diese Worte
hallten noch nach im Fond, als
der letzte Waggon längst durch war:
Wie automatisch die Signale hoch gingen
und die Gedanken weiter ratterten.

Hellmuth Opitz
Frankfurter Anthologie
FAZ Seite 18 Samstag, 31. Januar 2015 Nr 26

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