Erschüttert berichtet Pandora ihrem Vater Prometheus, wie sie eine ihr rätselhafte Begebenheit beobachtete - eine Liebesszene, die sie in ihrer kindlichen Naivität nicht erfaßt. Das Hinsinken der Liebenden, ihre Küsse, ihre Tränen sind ihr unbekanntes, sie zutiefst verstörendes Erlebnis.
PANDORA
Sag,
Was ist das alles, was sie erschüttert?
Und mich?
PROMETHEUS
Da ist ein Augenblick, der alles erfüllt.
Alles, was wir gesehnt, geträumt, gehofft,
Gefürchtet, meine Beste. Das ist der Tod.
PANDORA
Der Tod?
PROMETHEUS
Wenn aus dem innerst tiefsten Grunde
Du ganz erschüttert alles fühlst,
Was Freud und Schmerzen jemals dir ergossen.
Im Sturm dein Herz erschwillt,
In Tränen sich erleichtern will und seine Glut vermehrt,
Und alles klingt an dir und bebt und zittert,
Und all die Sinne dir vergehn
Und du dir zu vergehen scheinst
Und sinkst und alles um dich her
Versinkt in Nacht, und du in immer eigenem Gefühle
Umfassest eine Welt,
Dann stirbt der Mensch.
PANDORA (ihn umhalsend)
O Vater, laßt uns sterben!
Aus Goethes Dramenfragment Prometheus
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